18.-21.05.2018
XV. Deutsch-Italienische Kulturbörse in Ravenna
Austausch, Mosaike, romagnolische Küche: Rückblick auf eine gelungene Kulturbörse
Jede Kulturbörse hat ihren unverwechselbaren Charakter – so auch die XV. Deutsch-Italienische Kulturbörse in Ravenna, wie sicher die meisten Besucher dieses Austauschtreffens bestätigen können.
Ravenna ist allgemein als Stadt der Mosaike bekannt. Und so lag es für die einladende ACIT Ravenna auch nah, als Motto für die XV. Deutsch-Italienische Kulturbörse „Mosaik“ auszuwählen. Die Organisatoren um den Präsidenten Alberto Dusman, allen voran die umtriebige Dagmar Neumann, die das deutsch-italienische Austauschtreffen fast im Alleingang organisiert hat, boten den rund 200 Besuchern aus Deutschland und Italien ein überaus abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm zum Austausch, zur Netzwerkbildung, aber auch zum umfassenden Kennenlernen der kulturhistorischen und kulinarischen Schätze der Stadt in der Emilia-Romagna.
Freitag, 18. Mai 2018
Am ersten Tag reisten die Teilnehmer aus ganz Deutschland und Italien an und fanden sich nach Anmeldung und Registrierung am historischen Ort, dem Grabmahl des Theoderich, zu einer stimmungsvollen Apericena am Lido von Punta Marina Terme ein. Für die ACIT Ravenna begrüßte Dagmar Neumann die Gäste und die Anwesenden konnten sich italienischer Musik und romagnolischer Küche auf die kommenden Tage einstimmen. Wiedersehensfreude, lockere Gespräche bei einem Glas Prosecco am Strand, Mond und Sterne, ein phantastischer Abendhimmel, dazu Disco-Stimmung und später eine gut gefüllte Tanzfläche: das war der Tenor des ersten Abends und eine passende Einstimmung zu einer spannenden Kulturbörse.
Samstag, 19. Mai 2018
Den offiziellen Auftakt bildete am Vormittag der Festakt zur Eröffnung der XV. Deutsch-Italienischen Kulturbörse in der festlichen Sala Corelli des Teatro Alighieri.
Alberto Dusman, Präsident der ACIT Ravenna, begrüßte die Anwesenden. Die eingeladene Konsulin des Generalkonsulats Mailand, Anke Bauer, hat leider im letzten Moment abgesagt.
Es folgte einige enthusiastische Worte zu den Vorzügen Ravennas, zur Bedeutung der deutsch-italienischen Verbindungen und ein vehementes Eintreten für ein einiges Europa durch den Dezernenten der Stadt Ravenna, Massimo Cameliani.
Die Präsidentin der VDIG, Rita Marcon-Grothausmann, dankte in ihrer Rede der veranstaltenden ACIT Ravenna für die Organisation der Kulturbörse, inzwischen die 15. ihrer Art und schlug einen Bogen zum Initiator der Kulturbörse, die vor fast 30 Jahren 1989 in Savona von Giovanni Musso veranstaltet wurde. Sie würdigte Herrn Musso mit einer Urkunde und einem Präsent. Hier können Sie die Rede nachlesen.
Auch der Vertreter des Goethe Instituts Rom, Marvin Schnell, dankte den Veranstaltern für die Initiative und unterstrich die Bedeutung von Sprache und kulturellen Projekten, aber auch einen zeitgenössischen Blick auf das jeweils andere Land für ein geeintes Europa.
Der Bürgermeister der Gemeinde Pievebovigliana/Valfornace, Massimo Citracca, war extra zu dem Anlass nach Ravenna gekommen und dankte in bewegenden Worten der VDIG und ihren Mitgliedgesellschaften, ganz besonders der DIG Kassel, deren Präsidentin Andrea Boesken über Monate große Summen für die Erdbebenopfer gesammelt hat, für die großzügige Spende, die seit 2016 auch durch die VDIG-Spendeninitiative zugunsten der Opfer des Erdbebens an die Gemeinde übergeben wurde. Sie wurde für den Kauf eines Schulbusses und die Ausstattung der Schulmensa verwendet, denn: „I bambini sono il nostro futuro!“, so Citracca, der sich große Sorgen macht um die Zukunft seiner Gemeinde, da der Wiederaufbau schleppend verläuft.
Die Grußworte wurden mit musikalischen Intermezzi von hochkarätigen Musikern Eleonora Poletti (Violine), Vincenzo Taroni (Cello) und Adriano Tumiatti (Klavier) mit Werken von F. Schubert, M. Bruch, L. v. Beethoven und J. Haydn bereichert und begeistert vom Publikum aufgenommen.
Nach einer kleinen kulinarischen Stärkung blieb nur eine kurze Pause, denn am frühen Nachmittag folgte ein weiterer Höhepunkt der Kulturbörse: die Verleihung des Premio Culturale der VDIG sowie die Eröffnung der Infostände im historischen Palazzo Rasponi dalle Teste.
Rita Marcon-Grothausmann begrüßte die Anwesenden und gab eine kurze Einführung zum Premio Culturale, der alle zwei Jahre im Rahmen der Kulturbörse an Einzelpersonen oder Institutionen verliehen wird, die sich im Rahmen der deutsch-italienischen Kulturbeziehungen verdient gemacht haben. Preisträger sind immer im Wechsel deutsche oder italienische Persönlichkeiten. Der Preis selbst wird als Kunstgegenstand und Unikat von einem deutschen oder italienischen Künstler gestaltet. Frau Marcon-Grothausmann dankte Cai A. Boesken, der den Preis 2008 ins Leben gerufen und auch in diesem Jahr die Finanzierung des Kunstwerkes gesichert hat.
Dann war es soweit: der Premio Culturale 2018 wurde an den Regisseur und Dramaturg Marco Martinelli und seine Frau Ermanna Montanari, Schauspielerin, Autorin und Bühnenbildnerin, verliehen. Herr Martinelli war krankheitsbedingt leider verhindert, seine Frau nahm den Preis hocherfreut und geehrt entgegen. Gestaltet wurde der diesjährige Premio – eine Skulptur mit dem Titel „GLEICH UNGLEICHE“ – vom Düsseldorfer Künstler Michael Kortländer. Als Vertreter des Premio-Preisträgers 2016, die Studenteninitiative von onde e.V., hielt Julian Häußler eine Laudatio auf die Preisträger.
Ermanna Montanari bedankte sich bewegt für diesen Preis mit einer ausdrucksstarken Lesung des 33. Canto aus dem Inferno von Dantes Göttlicher Komödie.
Als besondere Überraschung und Aufmerksamkeit übergab Michael Kortländer seine Premio-Skulptur im Kleinformat und zum Mitnehmen an je einen Vertreter der anwesenden Vereine und Institutionen. Die aus zwei Teilen bestehende Skulptur ist nicht nur auf das „gleich/ungleiche“ Ehepaar Montanari Martinelli bezogen, sondern auch symbolisch als Einheit im Kontrast unserer beider Länder zu deuten.
Premio Culturale 2018 für Ermanna Montanari und Marco Martinelli
Als Dank für dir konstruktive Zusammenarbeit zwischen der VDIG und der ACIT Ravenna erhielt Frau Neumann einen bunten Blumenstrauß und ein Gemälde mit dem Logo der VDIG für die Geschäftsstelle und Frau Marcon ein Blumenmotiv aus Mosaiksteinen, das Mosaikkünstler aus Ravenna gestaltet haben. Es ist Teil von „Ravenna Città amica delle donne“, ein Projekt, das Gewalt gegen Frauen thematisiert, verbunden mit einer Botschaft der Mosaikblumen (alles Einzelstücke), die Schönheit, Kunst und Solidarität miteinander vereinen.
Nach der Kulturbörse ist vor der Kulturbörse – getreu diesem Motto und traditionell an dieser Stelle verkündete abschließend Robert Himmrich, Präsident der Deutsch-Italienischen Gesellschaft Düsseldorf, den mit Spannung erwarteten Austragungsort der nächsten Kulturbörse: die XVI. Deutsch-Italienischen Kulturbörse wird 2020 in Düsseldorf stattfinden.
Ein Novum ist, dass sich hier erstmals drei VDIG-Mitgliedsgesellschaften als Gastgeber einer Kulturbörse zusammenschließen: neben der Deutsch-Italienischen Gesellschaft Düsseldorf sind Italia Altrove und der VDIG-Neuzugang Verein Düsseldorf-Palermo e.V. mit im Boot, um in zwei Jahren neue Akzente zu setzen. Wir freuen uns darauf und „ci vediamo a Düsseldorf“!
Anschließend wurden die Informationsstände eröffnet und an Einzel- oder Gemeinschaftsständen präsentierten die Vereine und Institutionen ihre Angebote dem Publikum – wie immer eine gute Plattform zu Information, Austausch und Netzwerkbildung:
Bologna, Braunschweig, Bremen, Casa di Goethe Rom, Düsseldorf, Dresden, Goethe Institut Rom, Hildesheim, Karlsruhe, Kassel, La Spezia, Leverkusen, Lippe-Detmold, Livorno, Lüdenscheid, Lübeck, Magdeburg, Mönchengladbach, Münster, Oldenburg, Osnabrück, Piacenza, Potsdam, Reutlingen, Savona, Stuttgart, Trapani, Weimar, Wolfsburg und Vereinigung Deutsch-Italienischer Kultur-Gesellschaften (VDIG)
Ein von der VDIG angeregtes schwarzes Brett mit zahlreichen „Suche-Biete“-Gesuchen der Gesellschaften wurde lebhaft genutzt und dankend angenommen. Alle Besucher der Börse hatten Gelegenheit, an einem großen Mosaik mit zuarbeiten, das unter der fachkundigen Anleitung von Silvia Salvati und Maria Chiara Carbone, Studentinnen der Accademia delle Belle Arti, in ca. zwei Stunden entstand. Die fertige Arbeit wird demnächst in der Geschäftstelle der VDIG in Weimar zu bewundern sein.
Zeitgleich begeisterte auf der Piazza del Popolo eine Tanzeinlage der Tanztruppe „Lo Zodiaco“ die Besucher. Tänzerinnen und Tänzern aller Alterstufen zeigten hier ihr Können. Antonio Zangaglia, Vorstandsmitglied der ACIT Ravenna, machte auf die Informationsstände der Kulturbörse im Palazzo Rasponi dalle Teste aufmerksam und lud das Publikum herzlich ein.
Wie immer verging die Zeit viel zu schnell und es ging bald wieder an das Abbauen der Stände.
Doch konnten die Teilnehmer ihre Gespräche bei einem typisch romagnolischen Abendessen im Restaurant „Casa delle Aie“ in Milano Marittima fortsetzen und den Abend stimmungsvoll ausklingen lassen.
Sonntag, 20. Mai 2018
Der Tag war ganz der Besichtigung der kulturhistorischen Schätze und Sehenswürdigkeiten Ravennas gewidmet und stand natürlich, wie sollte es anders sein, unter dem Motto “Die Mosaike von Ravenna”. Die Besucher der Kulturbörse wurden in kleinere Gruppen mit jeweils einer versierten Stadtführerin aufgeteilt, die die Gruppe zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten begleitete.
Erste Station war das MAR - Museo d’Arte della città di Ravenna, welches nur für die Teilnehmer der Kulturbörse seine Pforten öffnete, um in einer facettenreichen Ausstellung Beispiele moderner und zeitgenössischer Mosaiken seit den 50er Jahren zeigte.
Die nächste Station lag nur einen kurzen Fußmarsch entfernt und führte die Besucher zu den Anfängen der Mosaikkunst von Ravenna. San Apollinare Nuovo aus dem 6. Jahrhundert gehört wie viele andere Stätten zum UNESCO-Weltkulturerbe und beeindruckt noch heute durch ausdrucksstarke und detailreiche Mosaiken.
Auf dem Weg zur nächsten Besichtigung des Mausoleums der Galla Placidia und von San Vitale wurde das Grab Dantes natürlich nicht ausgelassen.
Nach einer kurzen Pause vor dem Mausoleum der Galla Placidia, welches aufgrund seiner geringen Größe nur kleine Gruppen fasst, konnte dieses Kleinod mit seinen lebendigen, manchmal sogar modern anmutenden Mosaiken kurz in Augenschein genommen werden. Das Gebäude wirkt von außen sehr unscheinbar und einfach in seiner Ziegelsteinarchitektur und offenbart erst im Inneren seinen Schatz.
Weiter ging es in die Kirche von San Vitale, in dem noch einige schlichte Bodenmosaike erhalten sind und der v.a. durch die farbenprächtigen Mosaiken im Altar- und Apsisbereich beeindruckt.
Ganz erfüllt von so viel Kunstgenuss geht es abschließend zur Mittagszeit nochmals zu einem Brunch und somit sind auch die kulinarischen Bedürfnisse ausgezeichnet gestillt. Die Opernsängerin Caroline Thomas (DIG Münster) sang spontan als Dankeschön an die Gastgeber die Arie „O Mio Babbino Caro!“ von Giacomo Puccini.
Am Nachmittag erkunden die Teilnehmer die Stadt auf eigene Faust oder nehmen am Mosaikworkshop im Museo TAMO - Tutta l’Avventura del Mosaico - teil. Zahlreiche Besucher der Kulturbörse haben sich angemeldet und berichten begeistert vom Workshop – eine wundervolle Ergänzung zum festlich-offiziellen Teil am Samstag, zum Besichtigungsprogramm sowie zu den kulinarischen Genüssen. Die Teilnehmer stellen unter Anleitung ihre eigenen Mosaike her und erfuhren viel über Technik und Material. Den höchst qualifizierten Workshopleiterinnen gelang es auch ohne deutsche Sprachkenntnisse die wichtigsten Elemente der Mosaikkunst zu vermitteln. Sie entließen die Teilnehmer nach ca. 90 Minuten zufrieden und stolz. Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen und wurden als schöne Erinnerung vorsichtig nach Hause transportiert.
Am Abend heißt es für einige der Teilnehmer leider schon Abschied zu nehmen. Die Mehrheit der Besucher freut sich auf ein weiteres interessantes Besichtigungsprogramm am kommenden Tag.
Montag, 21. Mai 2018
Erste Station am letzten Kulturbörsentag war die Kirche S. Apollinare in Classe, dem ehemaligen Hafen von Ravenna. Erhalten sind hier Mosaike aus dem 8. und 9. Jahrhundert im Chor und Triumphbogen und kostbare, kunstvoll gestaltete Sarkophage.
Einen Einblick in die regionale Handwerkskultur machte die Besichtigung der Stoffdruckerei „Pascucci“ möglich. Hier wird in traditioneller Weise seit fast 200 Jahren Leinen per Hand bedruckt. Die Besucher waren beeindruckt von der Kunstfertigkeit der Drucker. Mit den historischen Motiven der aus Birnbaum geschnitzten Model bedrucken sie Tischdecken und vieles mehr in den typischen Farben der Emilia Romagna. Man konnte kaum ohne eines der diversen Produkte den Shop der Druckerei wieder verlassen.
Zur Mittagszeit erwarteten die Besucher der Kulturbörse ganz besondere Gastgeber: die Schüler und Schülerinnen des Istituto Alberghiero di Cervia – Italiens bekannteste und beste Gastronomie- und Hotelfachschule – luden freundlich und aufgeregt zum Mittagessen ein. Die in deutscher Sprache erläuterten Rezepte beeindruckten die Gäste mindestens genau so wie die Gerichte selbst. Die Schüler und ihre Lehrer erhielten als Dank viel Applaus und ein üppiges Trinkgeld.
Nach einem abschließenden Spaziergang zum Hafenkanal, einmal wieder eine gute Gelegenheit zu einem Gespräch und Austausch unter den Teilnehmern, ging es zurück nach Ravenna.
Was bleibt ist der Eindruck einer eindrucksvollen Kulturbörse, die einen wunderbaren Rahmen für gegenseitigen Austausch, Information und Netzwerkbildung gab und den Teilnehmern zugleich die kulturhistorischen und kulinarischen Highlights von Ravenna in drei sehr intensiven und unvergesslichen Tagen nahebrachte. Das macht Lust auf mehr und wird allen sicher noch lange in Erinnerung bleiben.