Literatur
2024: Giorgio Bassani: "Die Gärten der Finzi-Contini“
Die 10. Ausgabe des beliebten VDIG-Veranstaltungsformats Lesemarathon unter der Schirmherrschaft der Italienischen Botschaft Berlin fand am und um den 7. März 2024 wieder ein begeistertes Publikum und viel Freude bei den Lesenden.
In diesen Städten luden rund 20 VDIG-Mitgliedsgesellschaften und ihre Partner bundesweit ein, Giorgio Bassanis Werk „Die Gärten der Finzi-Contini“ hör- und erlebbar zu machen und (wieder) zu entdecken: Berlin, Bielefeld, Böblingen, Braunschweig, Bremen, Detmold, Dresden, Düsseldorf, Hannover, Hildesheim, Karlsruhe, Kassel, Kleve, Lübeck, Münster, Osnabrück, Potsdam und Reutlingen.
Den offiziellen Auftakt bildete der Lesemarathon gemeinsam mit der Deutsch-Italienischen Kultur-Gesellschaft Hannover in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum L3S der Leibniz Universität Hannover. Grußworte wurden von Dr. Daniel Kudenko (Universität Hannover), David Michelut (Italienischer Generalkonsul Hannover), Rita Marcon-Grothausmann (Präsidentin VDIG) und Dr. Catherine Atkinson (DIK Hannover) ausgesprochen. Dott.ssa Chiara Santucci Ganzert, die den gesamten Lesemarathon wissenschaftlich begleitet hat, moderierte die Lesung und Tabea Fischle, Claudia Koch und Eike Möring von der DIK Hannover lasen die Texte. Für eine musikalische Umrahmung sorgte der Gitarrist Francesco Cascarano.
Dr. Catherine Atkinson blickt auf die Auftaktveranstaltung zurück:
„Insgesamt war die Stimmung beim Lesemarathon gut und der bebilderte Vortrag mit der Lesung durch drei DIK-Mitglieder war sehr gelungen. Auch die Musikstücke passten gut zur Aufführung. Die Mitwirkenden haben die Bassani-Inhalte anschaulich, interessant und gut dargestellt.“
Auch Rita Marcon-Grothausmann zieht ein positives Resümee:
„Mit Engagement hat die DIK Hannover den Auftakt des Lesemarathons in diesem Jahr vorbereitet. Nicht nur, dass die ehemalige Präsidentin der DIK Dott.ssa Chiara Santucci die Texte für alle Lesungen ausgesucht hatte, sie hat auch mit den Lesern im Wechsel den Ablauf minutiös durchgeplant. Bestens vorbereitete Leser haben bis zuletzt für Spannung gesorgt und wurden mit anhaltendem Applaus belohnt.
In Anwesenheit des italienischen Generalkonsuls haben wir einen interessanten Lesemarathon erlebt. Mein Dank geht an die Hannoveraner aber auch an alle, die in aufwendiger Planung unserer diesjährigen Lesemarathon gestaltet haben, um so der italienischen Literatur eine Stimme in Deutschland zu verleihen.“
Die Dante-Gesellschaft Stuttgart berichtet von ihrem erfolgreichen Lesemarathon:
„unser Marathon war ein großer Erfolg! Wir begannen am Samstagabend mit einer Vorführung des Films von Vittorio de Sica und am Sonntagmorgen mit einer Lesung auf Italienisch und Deutsch. Das war wirklich sehr spannend!“
Auch die DIG Kleve zieht ein positives Resümee:
[…] „Wir durften 25 Zuhörer begrüßen. […] Wir haben für uns vier Schwerpunkte formuliert und diese kommentierend mit längeren Textauszügen präsentiert: Die politische Situation für die Juden in Italien, Jüdisches Leben in Ferrara, Die Liebe zu Micol und Ein Vater - Sohn – Gespräch.
Nach unserem Eindruck hat die Lesung eine sehr gute Resonanz gefunden. Im Anschluss entwickelte sich eine lebendige Diskussion, in der viele Fragen und Ergänzungen zu der Thematik des Romans angesprochen wurden. Wir glauben, dass wir den Autor und seinen Roman nachhaltig vermittelt haben.“
Bei der Lesung der DIG Kassel konnten ca. 60 Zuhörer begrüßt werden.
Die regionale und überregionale Presse, wie z.B. Corriere d’Italia und Frankfurter Allgemeine Zeitung berichteten über den Lesemarathon.
Im Mittelpunkt der 10. Ausgabe des bundesweiten VDIG-Lesemarathons steht am und um den 7. März 2024 Giorgio Bassanis Werk „Die Gärten der Finzi-Contini“. Die VDIG-Mitgliedsgesellschaften und ihre Partner sind wieder herzlich eingeladen, sich an diesem erfolgreichen Veranstaltungsformat zu beteiligen.
Die wissenschaftliche Beratung hat Chiara Santucci übernommen, die zum Thema einführt:
Der Lesemarathon 2024 wird sich mit einem der wichtigsten Werke der italienischen Literatur der Nachkriegszeit auseinandersetzen: mit dem Roman Il giardino dei Finzi-Contini („Die Gärten der Finzi-Contini“) von Giorgio Bassani. In einer Zeit, wie unserer, in der der Antisemitismus wieder aufflammt, hat diese Wahl eine besonders starke symbolische Kraft, stammte Bassani doch aus einer jüdischen Familie, die seit Generationen in Ferrara ansässig war; er erlebte die Rassengesetzte und deren Einschränkungen – und dementsprechend engagierte er sich politisch. Zum politischen Engagement gesellte sich die Tätigkeit in der Ökologie-Bewegung: Bassani war (1955) Mitbegründer von Italia Nostra, dem ältesten italienischen Umweltverband, dessen Präsident er 1965-1980 war.
Geboren wurde Giorgio Bassani am 4. März 1916 in Bologna, verbrachte aber seine Kindheit und Jugend in Ferrara, wo er das humanistische Gymnasium Ludovico Ariosto besuchte und dort das Abitur ablegte. Schon während des Studiums der Literaturwissenschaften an der Universität in Bologna verfasste Bassani einen kleinen Roman, Una città di pianura (1940), der allerdings wegen der schon herrschenden Rassengesetze unter einem Pseudonym (Giacomo Marchi) erscheinen musste. Nach Beendigung des Studiums unterrichtete Bassani an der Scuola Ebraica di Ferrara. Der Beginn der jüdischen Deportation markierte eine Wende in Bassanis Leben, der von da an im Untergrund aktiv gegen den Faschismus kämpfte. 1943 wurde er deswegen inhaftiert und nachdem er seine Haftstrafe abgesessen hatte, schloss sich Bassani der Resistenza an. Als der Krieg zu Ende war, zog Bassani nach Rom, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 2000 lebte. Seiner Heimatstadt blieb er aber zeit seines Lebens verbunden und verbrachte jedes Jahr mindestens einen Monat in Ferrara.
Neben der schriftstellerischen Tätigkeit übte Giorgio Bassani verschiedene Berufe aus: er war Journalist (z.B. für die Zeitschriften Botteghe Oscure und Paragone), arbeitete für das Radio [1957 wurde er Vizepräsident der R.A.I. (Radiotelevisione Italiana)], unterrichtete Geschichte des Theaters an der Accademia d´Arte Drammatica in Rom und war Lektor bei zwei wichtigen italienischen Verlagshäusern wie Feltrinelli und Mondadori. Es ist Bassani zu verdanken, Giuseppe Tomasi di Lampedusa entdeckt und dessen Meisterwerk Il Gattopardo herausgegeben zu haben.
Das eigene Meisterwerk Il giardino dei Finzi-Contini wurde 1962 veröffentlicht, sogleich mit dem Premio Viareggio ausgezeichnet und 1970 von Regisseur Vittorio De Sica verfilmt. In den Folgejahren schrieb Bassani weitere Romane: L´airone (1968), L´odore del fieno (1972), Il romanzo di Ferrara (1980) u.a. Im Jahr 1984 erschienen seine letzten Werke: der Gedichtband In rima e senza, und eine Sammlung von Aufsätzen mit dem Titel Di là del cuore.
Der Verlag Klaus Wagenbach schreibt zum Buch*:
Mit seinem berühmtesten Roman, der zarten Geschichte einer großen, unerfüllten Liebe und zugleich Chronik des tragischen Schicksals des jüdischen Bürgertums in Italien, hat sich Giorgio Bassani einen Platz in der Weltliteratur erschrieben.
Es ist die Geschichte von Micól, dem geheimnisvollen Mädchen mit den blonden Haaren aus vornehmer jüdischer Familie, in die der Ich-Erzähler von Anfang an vergeblich verliebt ist. Die leidenschaftlich gern Tennis spielt, die alten Bäume im ummauerten Park der Eltern liebt und es nicht ertragen kann, wenn jemand sich gewöhnlich benimmt; die später, als Studentin, lieber flirtet als studiert, und die junge Männer, die am liebsten für sie sterben möchten, am Telephon zur Vernunft ermahnt.
Erst als der Tennisclub wegen der Rassengesetze die jüdischen Mitglieder ausschließt, öffnet sich der Garten der Finzi-Contini für die jüdische Jugend Ferraras und wird zu ihrem Treffpunkt – bis zu einem Tag im Herbst 1943, an dem Micól mit ihrer ganzen Familie deportiert wird »und keiner weiß, ob sie ein Grab gefunden haben«.
Giorgio Bassani hat ihnen in diesem Buch ein Denkmal gesetzt.
Giorgio Bassani, geboren 1916 in Bologna, lebte bis 1943 in Ferrara. Beteiligte sich am Widerstand; nach der Befreiung Italiens arbeitete er als Schriftsteller und Redakteur. Als Lektor entdeckte er für den Verlag Feltrinelli den Roman »Der Leopard«, mit dem Tomasi di Lampedusa berühmt wurde. Bassani erhielt alle großen Literaturpreise Italiens, darunter 1962 den Premio Viareggio für »Die Gärten der Finzi-Contini«. 1969 wurde er für sein Gesamtwerk mit dem Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund ausgezeichnet. Bassani starb 2000 in Rom.
Pressemitteilung zum 10. VDIG-Lesemarathon
Unter der Schirmherrschaft der Botschaft der Italienischen Republik.
Mit freundlicher Unterstützung des Verlages Klaus Wagenbach.
Im Rahmen von oli - omaggio alla lingua italiana - Wir lieben Italienisch.